Die antike Metropole Uruk liegt 300 km südlich von Bagdad, am westlichen Rand des sumerischen Kernlandes in den Schwemmlandebenen zwischen Euphrat und Tigris, im heutigen Südirak. Wichtige Errungenschaften der Zivilisation wie das Schreiben oder die Entwicklung komplexer Verwaltungs- und Sozialstrukturen haben ihren Ursprung in Uruk, gegründet am Ende des 5. Jahrtausends v. Chr.
Die Deutsche Orient-Gesellschaft und später das Deutsche Archäologische Institut (DAI) graben seit 1912 monumentale Heiligtümer, Monumentalbauten sowie Wohn- und Repräsentationsgebäude auf dem Gelände von Uruk aus. Ein großer Teil dieser Gebäudereste besteht aus Lehmbaustoffen, hauptsächlich aus Lehmsteinen. Mit der Verleihung des UNESCO-Welterbestatus im Jahr 2016 entstand die Verpflichtung, eine koordinierte Erhaltungsstrategie für die archäologische Stätte Uruk zu entwickeln. Diese Aufgabe wird vom DAI durch Margarete van Ess geleitet, von den Berliner Büros Klessing Hoffschildt Architekten und ZRS Ingenieure GmbH geplant und mit Lovis Lehmbau, gemeinsam mit einheimischen Kolleg*innen des State Board of Antiquities and Heritage Iraq (SBAH) und lokalen Arbeiter*innen umgesetzt.
Die erste größere Notsicherungsmaßnahme von ZRS Ingenieure und Lovis Lehmbau zur Sicherung der Überhänge wurde bereits 2018 an der westlichen Ecke eines ca. 4.200 Jahre alten, künstlich angelegten Tempelberges (aus ca. 11,5 Millionen Lehmsteinen!) durchgeführt, die sog. Eanna-Zikkurat. Seit 2019 wurden die Konservierungskonzepte von ZRS Ingenieure für den Weißen Tempel auf der ältesten Zikkurat Uruks, der sog. Anu-Zikkurrat entwickelt und – nach jahrelanger Arbeitsunterbrechung – im Herbst 2021 begonnen umzusetzen. Im Gegensatz zur Eanna-Zikkurat sind bei der Anu-Zikkurat keine Bewehrungslagen aus Schilfmatten verbaut worden, weswegen die oberflächliche Erosion auch deutlich fortgeschrittener ist. Jedoch zeichnet sich dieses Lehmsteinmassiv durch jahrtausendealte horizontale Abdichtungstechnik mittels Bitumenmörtel aus. Einer der wertvollsten Befunde Mesopotamiens befindet sich in Resten noch auf dieser Anu-Zikkurat, der sogenannte „Weiße Tempel“, ca. 3500 v. Chr. erbaut, welcher weltweit dem bislang ersten und einzig erhaltenen Tempel auf einer Zikkurat entspricht und welcher Gegenstand der aktuellen Notsicherungsmaßnahmen von ZRS Ingenieure in Uruk ist.
2023 wurde die erste Phase des Konservierungskonzepts – die Schutzummauerung der Befunde der nordöstlichen Zentralhallenwand aus Lehmsteinmauerwerk – fertiggestellt. Dafür wurde zunächst die Grabungslöcher in der Sockelterrasse, also dem Fundament des Weißen Tempels mit Lehmsteinmauerwerk geschlossen. Erst danach konnte an den eigentlichen oberirdischen Befunden, den Resten des Pfeilermauerwerks gearbeitet werden. Dazu wurden diese von der Kruste und Lockerschicht befreit, um an das gesunde Mauerwerk anarbeiten zu können. Bei der Freilegung kamen wie erwartet Reste des historischen Putzes, Anstrichs und des Fußbodenaufbaus zum Vorschein. Diese wurden von einer Spezialistin konservatorisch gesichert und strukturell gefestigt. Danach wurden die Pfeilerreste mit einer sichernden Schutzummantelung aus Lehmsteinmauerwerk im historischen Pfeilergrundriss versehen. Dieser konnte bei der Freilegung zweifelsfrei festgestellt werden. Für das Schließen der Sockelterrasse und die Schutzummauerung der Pfeilerreste wurden insgesamt wurden ca. 25.000 Lehmsteine vermauert.
Weitere Details zu unseren Konservierungsprojekten in Uruk unter Leitung von Jasmine Alia Blaschek (ZRS Ingenieure) und Christof Ziegert (ZRS Ingenieure) finden Sie im ausführlichen Projektbericht zu Teil 1 der ersten Konservierungsphase sowie im Mauerwerk Kalender 2023 mit dem diesjährigen Schwerpunkt Lehmsteinmauerwerk.